Fotosammlung des Bureau of Science (Manila, Philippinen) im Historischen Fotoarchiv des Rautenstrauch-Joest-Museums, Köln

[Kennziffern]

Gesamtzahl3.477
"Material"
    Papierabzüge3.477
    Filmnegative?
    Glasnegative?
    Filmdias?
    Glasdias?
"Zeiten"
    <1901?
    1901-1944?
    >1944?
"Digitalisiert"
    Anzahl3.477
    ZugänglichCDs im Museum

"Fotosammlung des Bureau of Science (Manila, Philippinen)" ist Teilbestand (1 von 3) von Rautenstrauch-Joest-Museum, Köln


[Beschreibung 1 von 1]

"... Aufnahmen aus der Sammlung von Georg Küppers-Loosen, eines Kölner Kaufmanns, die nach dessen Tode am 18.5.1911 dem Museum übereignet wurde. ... Insgesamt wurden Küppers-Loosen 3716 Fotografien in Rechnung gestellt. Es ist nicht nachprüf­bar, wie viele ihn tatsächlich erreichten. Gegenwärtig befinden sich im Bestand des Museums 3477 dieser Fotos gemeinsam mit dem sie begleitenden Katalog. Weder die Rechnungen noch der Kata­log geben genaue Auskunft darüber, wie viele Fotos aus Worcesters Privatsammlung und wie viele aus den Beständen des Bureau of Science stammen. ...
Im Museum wurden die Fotografien auf Pappe aufgezogen, inventarisiert und mit einem deutschen Untertitel versehen. Auf die Rückseite der Pappe wurden Auszüge des Originalkataloges appliziert .... Ein Teil der Begleittexte wurde später überarbeitet, indem maschinenschriftlicher Text in einer standardisierten Form auf die Rückseite der Pappe geklebt wurde. Viele der Fotografien wurden, wenn auch unwesentlich, beschnitten, so daß sie nicht mehr in Ori­ginalgröße vorliegen. Ein fast durchgängig maschinenschriftlicher Untertitel wurde zum Teil auf das Foto selbst geklebt, doch ist die Verdeckung minimal, und die Aussagekraft der Fotografien wird durch sie nicht einge­schränkt.
Von allen Originalen wurden in den letzten Jahren Sicherungsnegative und -Abzüge erstellt. ... Der Originalbestand ist heute ruhendes Archiv. Im Rahmen eines DFG geförderten Projektes wurden zudem alle Originale digitalisiert und auf CDs gespeichert. Die einzelnen Aufnahmen wur­den gemeinsam mit den sie begleitenden und aus ihnen ablesbaren Informationen in einer Daten­bank erfaßt. Querverweise zwischen den Fotos (gleicher Hintergrund, gleiche Personen ...) wurden dabei ebenso berücksichtigt wie Publikationsorte ...
...
In mehrfacher Hinsicht ist die Sammlung des Bureau of Science etwas Besonderes: Da sie Aufnahmen mehrerer Fotografen aus verschiedenen Regionen der Philippinen und einem Zeit­raum von unge­fähr fünfzehn Jahren enthält, ist sie heterogen. Zugleich jedoch ist sie homogen, da sich die Be­gleittexte zu den einzelnen Fotografien und Fotoserien ebenso wie die Struktur der Sammlung auf nur eine Person, Dean Conant Worcester, zurückführen lassen. .... Alle Aufnahmen, die vor der Machtübernahme der USA in den Philippinen erstellt wurden, lassen sich auf die zoologischen Expeditionen Worcesters und Frank S. Bourns, 1890-1893, zurückführen. Die an­deren Aufnahmen entstanden ab 1899. Unter der Annahme, daß die aus Veröffentlichungen und bei der Analyse der Fotosammlung des Rautenstrauch-Joest-Museums ermittelten Datierun­gen mehr oder weniger repräsentativ für die ganze Samm­lung sind, läßt sich der Zeitraum, in dem der Groß­teil der Fotografien erstellt wurde, auf die Jahre 1901 bis 1906 eingrenzen.
Fast alle Fotografien verdanken sich Dean Conant Worcesters Anregung, Mitwirkung oder Ein­fluß­nahme: Er war als Zoologe an der Entstehung der ältesten Fotografien der Sammlung beteiligt. Als Secretary of the Interior bestimmte er nicht nur die Arbeit von Charles Martin, des "Govern­ment Photogra­phers", sondern auch die der Mitarbeiter des Bureau of Non-Christian Tribes: Bei­spielsweise bedurfte Albert Ernest Jenks Plan, in Bontoc eine Feldforschung durchzufüh­ren, seiner Zustimmung. Worcester vertraute Jenks seine ei­gene Kamera an. Jenks legte seinen For­schungsbericht (mit mehr als 150 Abbildungen) vor der Drucklegung Worcester vor. ... Worcester selbst stellte die Fotosammlung zu­sammen und verkaufte sie an Küppers-Loosen. Er struktu­rierte sie, verfaßte die Begleittexte und Einleitungen des Kataloges. Er publizierte viele Fotografien der Sammlung. Nicht zuletzt stammt ein großer Teil der Aufnahmen von ihm selbst. Im Zuge der Untersuchung konnte von insgesamt 1118 Fotografien (32,2 Prozent) der Fotograf ermittelt werden: Fast die Hälfte dieser Aufnahmen (45 Prozent) wurde von Worcester aufgenommen: Gelegenheit zu diesen Aufnahmen boten ihm zumeist die Reisen, die er in offizieller Funktion un­ternahm. Manche dieser ‘Expeditionen’ oder ‘Inspektionsreisen’ - so seine abenteuerliche Reise durch Nordluzon im Jahre 1905 oder der Besuch Palawans im gleichen Jahr - wirken, von ihrem fotografi­schen Resultat her betrachtet, wie "Fotosafaris".
Worcester war ein Propagandist für die Beibehaltung des kolonialen Status. Er vertrat die These, daß die Filipinos noch für lange Zeit US-amerikanischer Führung bedürften, bevor sie in der Lage seien, sich selbst zu regieren. Manche seiner Fotos, beispielsweise jene aus Lalauigan und Banganay in Mindoro, entstanden in der Absicht, die Notwendigkeit und die positiven Wirkungen dieser Füh­rung zu veranschaulichen. Andere Fotos - vor allem aus Nord-Luzon liegen solche vor - sollten seine Anwesenheit vor Ort belegen, ihn so als Kenner der Verhältnisse ausweisen und seinem Wort auf diese Weise mehr Gewicht verleihen. Einige seiner Fotografien vermitteln den Eindruck, sie sollten das jeweils Charakteristische der postulierten ethnischen Gruppen demonstrieren.
...
Der Ausgangspunkt der vorliegenden Betrachtung war die Suche nach fotografischen Stereotypisie­rungen. Stereo­typen waren vor Erstellung der Fotografien - von den Negrito abgesehen - in gerin­gem Maße vorhanden. Sie waren in spanischer Zeit selten eindeutig. Combés beschrieb die Suba­nun als blutrünstig, die Jesuiten hingegen charak­te­risierten sie als friedlich. Die einzelnen ‘Ethnien’ wurden zudem erst parallel zur Erstellung der Sammlung und mit deren Hilfe neu defi­niert oder geschaffen. Ent­sprechend konnten die Fotografen kaum vorformulierte Stereotypen auf Foto­plat­ten bannen. Im Rahmen der Untersuchung wurde deutlich, daß die Fotografien der Sammlung des Bureau of Science in jener Form, in der sie im Rautenstrauch-Joest-Museum verwahrt werden, Teil dieses Pro­zesses der Definition ethnischer Kategorien in der Frühzeit der US-amerika­nischen Ko­lonialherr­schaft in den Philippinen waren. We­nigstens in Nordluzon wurde die Vielfalt ethnischer Kategorien aus spanischer Zeit im Zuge der Strukturierung der Sammlung neu struktu­riert. Die Fo­to­grafien waren wesentliche Bausteine im Prozeß der Begründung eines neuen „Fundamentes der Ethnografie“ dieser Region durch Worcester. Möglicherweise gab die Strukturierung der Sammlung Worcester den entscheidenden Anstoß zur Errichtung dieses Fun­damentes. Erst nach der Fest­le­gung der Kategorien konnten diese mit Stereotypen angereichert werden. Die Fotos der Sammlung sind mithin Teil des Prozesses der Schaffung der Grundlagen von späteren Stereotypisierungen."

[Quelle: `Sammlung, Stereotyp und Struktur - Historische Aufnahmen aus den Philippinen im Rautenstrauch-Joest-Museum (Köln/Germany)`, Köln 2000. Abschlußbericht eines DFG-Projektes: `Fotografische Stereotypisierungen im Kontext kolonialer Fotografie´]